Medizin & Seele

Impressionen Vertrauensfrage

Diakon, Mth
Volker Schmitt
Volker Schmitt
Vertrauensfrage
01. November 2023

Ich hätte dieses Monatswort gerne über ein anderes Thema geschrieben, doch es stellt sich die Vertrauensfrage.

Geahnt habe ich ja, dass die Ergebnisse der Pilotstudie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche Schweiz schlimme Dinge zu Tage bringen könnten, doch dieses Ausmass hatte ich nicht erwartet. Auch die Un-Kultur des Wegschauens und Vertuschens hat mich hart getroffen. Viele der Menschen, die Opfer eines sexuellen Missbrauchs wurden, leiden jeden Tag ihres Lebens unter diesen Taten. Ihre Familien und Freunde spüren die Auswirkungen im Zusammenleben.

Ich habe grossen Respekt vor den Frauen und Männern, die ihre eigenen Missbrauchserfahrungen immer wieder laut ausgesprochen haben, sich von kirchlichen Stellen nicht mundtot machen liessen. Ich bin diesen Betroffenen zu tiefst dankbar, dass sie durch ihr Nicht-Aufgeben diese gewalttätige Seite der Kirche ans Licht gebracht haben.

Eine solch unheilvolle Kirche widerspricht allen Grundüberzeugungen, welche mich in meinem seelsorglichen Handeln leiten. An erster Stelle steht da die Überzeugung, dass jeder Mensch unabhängig seiner Herkunft, seiner Religion, seines Gesundheitszustands oder Alters eine eigene gottgeschenkte Würde besitzt. Diese Überzeugung fordert mich und meine Kolleginnen und Kollegen in der Seelsorge auf, hinter aller Krankheitssymptomatik dem jeweiligen Menschen zu begegnen und ihn «seelisch» zu unterstützen. Wir sind darin ausgebildet, reflektiert zu arbeiten und unser eigenes seelsorgliches Handeln und Vorgehen am Gegenüber auszurichten. Es ist eine heilsame Kirche, die sich seit Jahren darum bemüht, ihre Mitarbeitenden in Prävention gegen Missbrauch auszubilden.

Es ist nun leider so, dass in der katholischen Kirche die heilsame und die unheilvolle Seite stark ineinander verwoben sind. Die Gleichzeitigkeit von himmelschreiendem Unrecht und heilsamem Wirken für die Menschen ist kaum auszuhalten. Reformen sind unumgänglich, doch der Weg wird schwierig sein. Wir Seelsorgenden im Spital Limmattal treten für ein heilsames und menschenzentriertes kirchliches Engagement ein. Wir hoffen, Sie schenken uns weiterhin das Vertrauen.