Jesus ist mit im Boot Das Spitalbett als Boot in den Wellen
Jeder Patient und jede Patientin ist einzigartig. Genauso einzigartig ist jede Begleitung für mich als Spitalseelsorgerin und Jesus Christus ist mitten unter uns.
Über die Angst sprechen befreit
Manche Rituale und Texte, die wir aus unserer Tradition kennen, haben einen vertrauten Ablauf, was in unsicheren Zeiten Sicherheit vermittelt. Das kann eine Segnung, eine Kommunionfeier oder eine Bibelstelle sein. Ich begleite Menschen z.B. vor oder nach einer Operation oder weil sie Angst haben. Auch Angehörige haben manchmal grosse Angst um ihre Liebsten. Über die Angst sprechen, befreit. Manchmal biete ich Atemübungen an, die beruhigend und erdend wirken.
Jesus ist mit im Boot
Das Spital Horgen liegt 300 m vom Ufer des Zürichsees entfernt. Was liegt da näher, als das Evangelium vom Sturm auf dem See Genezareth (Mk 4,35-41) vorzulesen, wenn der Patient oder die Patientin grosse Angst und Sorgen hat. Grosse Angst und Sorgen können lähmen oder werfen einen im Bett unruhig hin und her. In dieser Situation ist das Bild von der Bedrohung der Wellen, die in das Boot schwappen und die Angst der Jünger, dass das Boot untergehen könnte, so treffend. Jesus ist im Boot und er schläft auf einem Kissen, heisst es im Evangelium. – Ich frage mich, hat er wirklich geschlafen oder nicht eher geruht? Er müsste doch den heftigen Seesturm mitbekommen haben. – Während des Vorlesens wird ein Spitalbett oft zu einem Boot. Die Angst schwappt wie bedrohende Wellen ins Bett hinein. … Aber Jesus ist auch im Boot. Ihn kümmert die Angst des Patienten/der Patientin. Er liegt am Ende des Bettes auf einem Kissen, unsichtbar, er scheint zu schlafen, aber er ist da. Und er wird sich gegen den Sturm der Angst stellen und befehlen: Schweig! Sei still!
See-Spital Horgen, Nadja Eigenmann-Winter